Mittwoch, 13. Februar 2013
Zwischen lachenden und weinenden Kindern, oder: Welcome to St. Elizabeths Catholic General Hospital Shisong
Aus dem Badezimmerspiegel blickt mir eine
Lazarett- Krankenschwester, die aus einem Film über den zweiten Weltkrieg
entsprungen scheint, entgegen. Sie trägt ein knielanges weißes Kleid mit einer
in der Taille gebundenen Schürze, die Haube nicht zu vergessen. Diese
Krankenschwester bin ich. Seit ich das erste Mal zur Untersuchung ins Shisong
Hospital kam, habe ich die Schwestern um ihre schönen Uniformen beneidet und
bin daher recht stolz, dass ich nun auch im Besitz einer solchen bin. Es ist
halb sieben. Um sieben trete ich meine erste Schicht auf der Kinderstation an.
Ein bisschen aufgeregt bin ich natürlich schon. Diese Aufregung verfliegt
jedoch sofort, als ich das Schwesternzimmer betrete und herzlichst in Empfang
genommen werde. Sogleich erhalte ich eine Führung durch die gesamte Station und
schon wird mir meine erste Aufgabe zugeteilt: die trockenen Laken und
Kopfkissen aus der Wäscherei holen. Unterwegs dorthin werden Belinda, eine
nette Schwesternschülerin, und ich alle zehn Schritte angehalten, da jeder die
neue weiße Schwester in ihrer wie angegossen sitzenden Uniform begrüßen möchte.
Obwohl ich jedes Mal betone, dass sie doch haargenau so ist, wie die Anderen
auch, sind sich alle einig, dass sie mir besonders gut steht. Einerseits finde
ich es wirklich lieb und goldig von den Schwestern, andererseits tut es mir
ziemlich leid für Belinda, die die gesamte Zeit neben mir warten muss.
Wieder auf der Station lerne ich, wie ich die
Betten der entlassenen Patienten desinfiziere und neu beziehe. Eine Lektion,
die man hier wirklich lernt: Zusammen ist man weniger allein. Das Laken alleine
um die Matratze zu knoten und anschließend die diversen Überdecken in
verschiedenen Falttechniken anzuordnen wäre ziemlich kompliziert. Schnell sind
Belinda und ich uns vertraut und wir verstehen uns auf Anhieb super. Nach dem
Bettenmachen gehe ich auf meinen ersten Rundgang: Überprüfung der
Vitalfunktionen. Ich werde direkt eingebunden und darf Fieber messen. Ich bin
nur elektronische Thermometer gewöhnt und muss dadurch erst einmal mit dem
„Zurückschütteln“ des Quecksilbers kämpfen. Nach dem dritten Mal habe ich es
jedoch heraus und habe vorher viel zu großen Aufwand betrieben, wie ich
feststelle. Da wir nicht im Schwesternzimmer stehen sollen, wenn es nichts zu
tun gibt, gehen wir durch die verschiedenen Zimmer und unterhalten uns mit den
kleinen Patienten oder ihren Eltern.
Viel zu schnell ist die erste Schicht vorbei
und ich bin einerseits ziemlich geschafft vom siebenstündigen Stehen
andererseits überglücklich. Es war wirklich toll!
Als ich das Schwesternzimmer am nächsten
Morgen betrete, ist die Stimmung gedämpft. Eines der Frühchen aus Zimmer vier
musste an die Sauerstoffversorgung angeschlossen werden. Dr. Olga, die
Kinderärztin aus der Ukraine, welche hier schon zwölf Jahre arbeitet, sagt
jedoch, es bestehe kein Grund zu größerer Sorge. Also steigen wir in unsere
Tagesroutine ein: Patienten besuchen, Bettenmachen und desinfizieren,
Vital-Signs Check und mit den Patienten ins Gespräch kommen.
Um zwölf ist es Zeit für die Medikamente und
heute darf auch ich den kleinen Patienten und Patientinnen ihre Medizin
bringen. Die meisten sind wegen Malaria hier und sie bekommen zusätzlich zum
Tropf Medikamente zur schnelleren Genesung.
Kurz vor Ende meiner Schicht bringt eine junge
Mutter, vielleicht in meinem Alter, ihren zwei Wochen alten Sohn ins
Schwesternzimmer. Als sie das Deckchen, in das er gewickelt ist, zurückschlägt,
bin ich das erste Mal wirklich geschockt: Von dem Kleinen sind nicht viel mehr
als Haare, Haut und Knochen zu sehen. Es sieht aus wie ein Baby aus einer
Spendenwerbung in Fernsehn. Es atmet röchelnd und ist trotz der dunklen
Hautfarbe leicht bläulich. Die Mutter scheint mit der Situation schlicht
überfordert zu sein. Auch dieser kleine Patient wird direkt an Tropf und
Sauerstoff angeschlossen. Der Blutzuckerspiegel, den ich ganz allein messen
durfte, versetzt uns einen weiteren Schock: 539. Der Normalwert liegt zwischen
90 und 120, weswegen wirklich aller Grund zur Sorge besteht. Da meine Schicht
schon sein einer halben Stunde vorüber ist, werde ich dankbar darüber, dass ich
länger geblieben bin, nach Hause geschickt.
Als mein Wecker am folgenden Tag klingelt,
springe ich aus dem Bett und bin sogar schon vor Schichtbeginn auf Station. Die
Situation des Frühchens hat sich verbessert, aber die des kleinen Jungen hat sich dramatisch
verschlechtert. Während der Nachtschicht
hat er angefangen aus jeglichen Körperöffnungen geronnenes Blut und Flüssigkeit
zu verlieren. Auch der Blutzuckerwert ist kaum verändert. Heute bin ich mit der
Stationsschwester, Cornelius, dem einzigen Pfleger, und einer weiteren
Schwester alleine, da die Schwesternschüler und Schülerinnen ihren Schultag
haben. Ich begebe mich also mit Cornelius alleine in die Wäscherei und auf die
Zimmer.
Als wir um kurz vor elf fertig sind und ins
Schwesternzimmer kommen, röchelt das Baby sehr stark. Trotz
Sauerstoffversorgung fällt es ihm sichtlich schwer zu atmen und es spuckt immer
wieder schwarzbraune Flüssigkeit. Plötzlich geht alles ganz schnell.
Stationsschwester Brunhilda hechtet zum Medikamentenwagen und fischt nach einem
Medikamentendöschen, füllt es mit Wasser und gießt dieses dem Baby über die
Stirn. In ihrer Geistesgegenwaertigkeit tauft sie das Kleine. Das Baby atmet
noch einmal. Dann ist es still im Raum. Der Brustkorb bewegt sich nicht mehr.
Wir rufen nach Doktor Olga, die sofort versucht es zu reanimieren. Aber es ist
zu spät.
Es ist elf Uhr elf. Vor meinen Augen ist
gerade ein Baby gestorben. Und ich konnte nichts dagegen unternehmen.
St. Rita's, oder: Das Gefühl, nach Hause zu kommen
Als wir das Gruppenbild machen, fährt ein Auto
die Einfahrt herauf. Ich bin mehr als verwirrt, als ich den Fahrer des Wagens
erblicke: Father Johannes. Woher er weiß, dass ich gerade mit Vanessa Tabenken
besuche ist mir nicht ganz klar, aber ich bin überglücklich. Auch wenn es erst
einen Monat her ist, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe, habe ich meinen
Gastpapa ziemlich vermisst. Offensichtlich beruht dies auf Gegenseitigkeit,
denn er verkündet halb singend halb rufend, wie sehr er seine Tochter vermisst
hat.
Nachdem es auf der Hinfahrt Probleme mit dem
Auto gab und wir sogar nochmal zurück nach Kumbo mussten, um das Auto zu
wechseln, wäre ich viel später in Nkambe angekommen, als gedacht. Jetzt bin ich
froh, dass Father Johannes mich abholt und mich mitnimmt.
Bevor es jedoch nach St. Rita's geht, fahren
wir auf dem Sportfeld der GBHS, einer staatlichen Schule, vorbei, da unsere
Sportteams dort heute Wettkämpfe haben.
Am Sportfeld angekommen spielen die Mädchen gerade die erste Halbzeit Handball und führen. Als mich die ersten Schüler am Spielfeldrand entdecken ist die Freunde groß. Auch die „großen“ Schüler, die ich nicht unterrichtet habe, freuen sich riesig, dass ich wieder da bin und beklagen, dass sie mich sehr vermissten und ich am besten direkt zurückkommen solle. Da wir hier nur einen kurzen Zwischenstopp einlegen, verspreche ich, dass wir uns abends oder am nächsten Tag ausführlich unterhalten können. Danach geht es endlich Richtung St. Rita's und als wir die Auffahrt zur Schule hinauf fahren, fühle ich mich doch, als würde ich nach Hause kommen. Nachdem ich Brother Elias und Madame Cleopha, die Schulköchin, begrüßt habe, gehen Father Johannes und ich nach den Schülern schauen, denn diese studieren gerade Tänze und Lieder für den morgigen Besuch des Bishofs und den Firmgottesdienst ein. In der Aula schüttele ich gefühlte fünfzig Hände, jedoch ist keine meiner Schüler dabei. Hinter dem Gebäude wird der Gesang und das Trommeln immer lauter und als wir um die Ecke biegen sehe ich sie: So gut wie alle meine Schüler tanzen, trommeln und singen. Das Singen stoppt jedoch abrupt, als sie mich sehen: Kurz darauf wuseln mehr als dreißig kleine Kinder um mich rum, nachdem sie mich fast über den Haufen gerannt haben. Jeder will mich umarmen ich kann gar nicht entscheiden, wem ich als Erstes antworten soll. Father Johannes spricht nach zwanzig Minuten ein Machtwort, denn noch sähen die Tänze und das Trommeln verbesserungswürdig aus. Auch ihnen verspreche ich, mich am nächsten Tag ausführlich mit ihnen zu beschäftigen.
Nachdem wir gegessen haben habe ich noch eine
Überraschung für Fr. Johannes. Monate zuvor war sein Computer kaputtgegangen
und all seine Daten schienen verloren. Meine Eltern kamen aber auf die Idee,
die Festplatte mit nach Deutschland zu nehmen und von einem IT- Spezialisten
begutachten und hoffentlich retten zu lassen. So hatte die Delegation dann eine
neue externe Festplatte im Gepäck. Als ich ihm diese in die Hand drücke, wobei
ich ihm zuvor mit trauriger Miene die kaputtgegangene übergab, führt er vor
Freude einen kleinen Tanz auf. Und das schreibe ich jetzt nicht nur so, das ist
mein voller Ernst. Immer wieder hebt er die neue Festplatte 'gen Himmel und
seine Augen strahlen wie die eines kleinen Kindes am Heiligabend. Mission
erfüllt, kann ich da nur sagen! Wir unterhalten uns noch bis spät in die Nacht
und ich falle wie Tod ins Bett, morgen wird ein langer Tag werden.
Der Bischof
erreicht uns um halb zehn. Schüler und Lehrer haben die Auffahrt
gesäumt, um ihn zu besuchen. Als er mich unter den Lehrern sieht ist er
überrascht.
-Was ich vielleicht dazu erwähnen sollte: Der
Bischof und ich sind quasi befreundet. Seit der Malaria und dem Besuch meiner
Familie bin ich quasi Stammgast im Bischofshaus und es vergeht kaum eine Woche
in der ich ihn nicht sehe, oder wir nicht kurz telefonieren. In Limburg mit
unserem Bischof wage ich zu bezweifeln, dass dies ebenso wäre.-
Nach dem Gottesdienst, in dem hauptsächlich
meine ehemaligen Schüler und Schülerinnen gefirmt wurden, wird der Bischof
durch die verschiendenen Departments geführt und in jedem wird ihm ein kleiner
Einblick in die praktische Arbeit geboten.
Auf den Rundgang folgt ein Mittagessen im
Haus. Nach dem Abendessen habe ich gestern noch einen meiner geliebten Schoko-
Bananen Kuchen gebacken, der auch bei unseren Gästen wahnsinnig gut ankommt.
Bald klopfen die ersten Schüler an die Tür, denn das Programm ist straff und
als nächstes folgen die traditionellen Tänze und Lieder.
Viel zu schnell ist alles vorbei und ich sitze
auf der Rückbank des Bischofsautos. Der Bischof fährt selbst und singt lauthals
zu einer CD der Franziskanerschwestern aus Shisong mit. Ich glaube, ich werde
selbst mindestens eine dieser CD's kaufen und mit nach Deutschland bringen,
damit ich sie zeigen kann, denn ich finde es wirklich COOL, wie energiegeladen
und vor positiver Ausstrahlung sprühend die Schwestern ihre Lieder singen.
Natürlich sind die Lieder nicht nur als CD, sondern auch als DVD zu haben ;)
Dienstag, 5. Februar 2013
Zwischenseminar in Kribi, oder: There is a Place like Paradise
Als mich der Wecker unsanft aus meinem ohnehin
schon zu kurzen Schlaf reißt ist es vier Uhr nachts. In einer halben Stunde
werden Sabrina und ich vom Auto abgeholt, das uns nach Bamenda bringen
wird. Ich lasse mir beim Zähneputzen und
Anziehen extra viel Zeit, da besonders die Autofahrer hier ihr eigenes
Zeitverständnis haben. Umso überraschter bin ich, als der Fahrer sogar schon um
4.25 Uhr hupend vor unserer Tür steht. Die Fahrt nach Bamenda dauert circa drei
Stunden. Das mit Abstand schlimmste Stück der Strecke ist von Kumbo nach
Jakiri. Danach ist die Straße zwar nicht geteert bis kurz vor Bamenda, trotzdem
ist sie aber begradigt und recht breit. Sie sollte eigentlich schon seit langer
Zeit geteert sein, bis jetzt ist aber nichts davon zu erkennen. Die Caterpillar
Raupen und Walzen stehen am Straßenrand wie große, schlafende Ungeheuer.
In Bamenda steigen wir auf einen Reisebus um,
der uns in sieben Stunden nach Douala bringen soll. Hierbei handelt es sich
entweder um sehr sehr alte Mercedes-Benz- Reisebusse oder um kleinere Busse von
Toyota. Es ist sehr selten, andere Automarken als Toyota zu sehen, da für diese
die Ersatzteile sehr leicht zu erhalten sind und die Autos billiger zu erwerben
sind. Es ist mein erstes Mal, in einem öffentlichen Bus nach Douala zu reisen
und nachdem mir unzählige Schauergeschichten von Unfällen erzählt wurden, habe
ich ein etwas mulmiges Gefühl. Sabrina versichert mir aber, dass ich mir keine
Sorgen zu machen brauche, denn sie ist schon öfter Bus gefahren.
Trotzdem sende ich ein Stoßgebet 'gen Himmel,
als sich der Bus ruckelnd in Bewegung setzt. Da ich im Auto kein Auge zumachen
konnte, weil sich Sabrina und ich gemeinsam einen halben Sitz teilen
mussten, bin ich dankbar um einen eigenen Platz und mir fallen schnell die
Augen zu. Lange währt die Erholung jedoch nicht, denn nur 15 Minuten später
werde ich von einem Mann geweckt, der mir mit einem Tütchen im Gesicht
herumfuchtelt, das scheinbar mit irgendwelchen Kräutern gefüllt ist. Es helfe
Gegen Malaria, Husten, Bauchweh und Potenzstörungen, so erklärt er aufgeregt
den anderen Mitfahrern. Neben diesem dubiosen Pulver versucht er ebenfalls,
Zahnweißpulver, von dem ich glaube, dass es sich um einfaches Backpulver handelt,
Hautöl und Haarwachs an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Ich bin sehr
amüsiert und an Schlaf ist nicht mehr zu denken.
Nachdem er wenigstens ein paar Produkte
loswerden konnte, wird er von einer Art Priester abgelöst (aber kein Priester
ist), der uns auffordert ein Lied zu singen, damit wir von Gott mit Schutz
überströmt werden. Wer neben dem Singen auch noch mitklatscht, wird doppelt
beschützt. In Deutschland wäre es absolut undenkbar gewesen, mich in einem
öffentlichen Bus so zum Deppen zu machen- obwohl man hier natürlich wegen der
Hautfarbe jede Sekunde unter Beobachtung steht- hier ist mir das aber recht
egal und doppelt beschützt zu sein, schadet schließlich nie.
Als die Vorstellung vorüber ist, halten wir
schon das erste Mal. In wenigen Sekunden wird der Bus von Frauen mit Obst,
Plantain- Chips, Getränken und anderen Dingen gestürmt. Bis hinunter auf die
Straße sind es bestimmt zwei Meter, wir sitzen also recht hoch, trotzdessen
wird auch von außen vieles zum Verkauf angepriesen. Wenn man Interesse an etwas
gefunden hat, öffnet man das Fester, schreit die Bestellung herunter, das
Gekaufte wird in einer gekonnten Bewegung zu dir hochgeworfen (ich mit meinen
Fang- und Wurfproblemen werde wohl ausschließlich im Bus kaufen) und
anschließend wird das Geld auf die Straße geworfen, wo es von den Verkäufern
emsig aufgesammelt wird.
An solchen Stellen halten wir noch gefühlte
200 Mal bevor wir nach acht Stunden vollkommen verschwitzt in Douala ankommen.
Wir können nicht direkt nach Kribi weiterreisen, müssen also eine Nacht in
einem Hostel verbringen.
Am nächsten Morgen setzten wir unsere Reise
nach Kribi fort. Die Nacht war zwar länger, als die letzte, aber aufgrund der
tropischen Temperaturen und fehlender Klimaanlage wirklich nicht gerade
angenehm.
In Kribi kommen wir um elf Uhr an. Dass ich
mich bis Douala überhaupt nicht auf den Urlaub an der Küste gefreut habe,
ändert sich schlagartig, als ich das erste Mal das Meer erblicke. Die Freude
währt aber leider nicht allzu lange, denn der Priester, der das Seminar
mitleitet ist immer noch nicht zu
erreichen. Zum Glück habe ich jemanden organisieren können, der uns abholt. Mit
ihm irren wir bis drei Uhr völlig entnervt durch Kribi, bis das Haus, in dem
das Seminar stattfindet, endlich ausfindig gemacht werden kann.
Hierbei handelt es sich um ein großes
Ferienhaus eines französischen Industriellen, dass uns netterweise zur
Verfügung gestellt wurde. Alles ist auf europäischem Standard. Als ich das
mamorgeflieste Bad betrete und den Spiegel, die Dusche und den Waschtisch
erblicke, fange ich aus Erschöpfung fast an zu weinen. Wieder einmal wird mir
bewusst, dass ich hier doch nie wirklich leben könnte und den 'Luxus' in
Deutschland mittlerweile doch schmerzlich vermisse.
Da es weder Strom noch Wasser gibt, gehen wir
direkt mit den anderen zwei Freiwilligen zum Meer, das sich auf der anderen
Straßenseite befindet. Als ich den ersten Fuß in den Sand setze fehlen mir die
Worte. Ein paar Bilder können es glaube ich besser beschreiben, als jedes Wort.
Doch, ein Wort habe ich: Das Paradies. Aber eine richtige Abkühlung ist das
Wasser nicht. Obwohl es schon halb sieben ist und die Sonne untergeht, ist es
immer noch bestimmt 26°C warm. Vielleicht auch wärmer, mit dem Schätzen habe
ich es nicht so.
Dass wir so eine kleine Runde sind, ist in den
Arbeitseinheiten wirklich von Vorteil, da wir daher sehr intensiv unsere
Probleme, Visionen und Projekte besprechen können.
Als es am nächsten Mittag endlich Wasser gibt
und ich unter die Dusche springe, fange ich tatsächlich an zu weinen. Es ist
mittlerweile ein halbes Jahr her, dass ich warm geduscht habe. Eigentlich wäre
kalt Duschen bei diesem Temperaturen viel passender, aber ich kann es mir nicht
verkneifen, den Warmwasserknopf aufzudrehen.
In der nächsten Nacht wandelt sich mein
Wohlbefinden jedoch in stechende Kopf- und Rückenschmerzen, sowie Bauchkrämpfe,
mit allem, was dazugehört.
Mittags habe ich 40°C Fieber und bin nur sehr
kurz wach, ansonsten verschlafe ich den ganzen Tag.
Das einzige, was ich denke ist: Bitte nicht schon
wieder Malaria. Als wir am nächsten Tag ins Krankenhaus fahren geht es mir
etwas besser, zumindest die Rückenschmerzen sind weg.
Fünf Stunden später sind die Blutresultate da
und der Malariatest war negativ. Auch
wenn das nicht bedeutet, dass ich keine Malaria habe, da der Test sehr leicht
verfälscht werden kann, bin ich erleichtert und gleichzeitig beunruhigt, da ich
nun nicht weiß, was ich stattdessen habe.
Ich entscheide mich aber dafür, trotzdem dienstag-früh abzureisen, damit ich
mich in einer gewohnten Umgebung erholen kann. Etwas enttäuscht bin ich
trotzdem, denn nun habe ich das Meer und den schönen Strand überhaupt nicht
genießen können. Deswegen ist für mich klar, dass ich auf jeden Fall nochmal
nach Kribi muss.
Wir machen uns so früh auf den Rückweg, dass
wir schon um zwölf Uhr in Douala ankommen. Der Busabfahrtsort liegt jedoch in
den Outskirts am anderen Ende der Stadt. Als wir dort gegen ein Uhr ankommen
ist der Hof wie leergefegt. Als wir nachfragen dann der Schock: Der nächste Bus
nach Bamenda fährt um 21.30 Uhr. Wäre ich nicht in Kamerun, hätte ich glaube
ich einen Nervenzusammenbruch bekommen. Sabrina ist mittlerweile auch krank und
wir müssen fast den gesamten Tag jetzt hier ausharren. Eines habe ich hier
jedoch gelernt: geduldig sein. Also verfalle ich in der busargentureigenen Bar
in eine Art Energiesparmodus. Um 16 Uhr gehen wir dann in zwei nahgelegene
Boulangerien, wo wir für sage und schreibe drei Stunden Eye- Shopping betreiben
und im Endeffekt nur eine Flasche Cola und Brötchen kaufen.
Für die Rückfahrt haben wir Plätze in einem
VIP-Bus reserviert, der sogar eine Klimaanlage hat. Schlussendlich kommen wir,
nach mehrfachem Autotausch zwischen Bamenda und Kumbo, um halb 11 zu Hause an.
Es gibt kein Wasser, weswegen ich einfach ins Bett falle und schlafe.
Neuanfang in Shisong, oder: Nein, ich bin nicht vom Erdboden verschluckt worden.
Bevor ich meine Blogeinträge aus den letzten
Wochen nach und nach hochlade, möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich so lange nichts
habe von mir hören lassen. Es ist einerseits viel, andererseits wenig passiert.
Daher werde ich nur eine kleine Januar-
Zusammenfassung machen und ein paar Bilder hochladen.
Damit komme ich schon zum ersten Punkt: Nicht
nur mein Laptop ist kaputt (habe glücklicherweise vor zwei Wochen einen Ersatz-
Laptop bekommen), sondern auch das Internet macht momentan wirklich sehr sehr
große Probleme. Im Freiwilligenhaus konnte ich nichteinmal meinen Email- Accout
öffnen, daher war es auch unmöglich, meinen Blog zu aktualisieren. Als ich es
daraufhin im Internet- Café am Squares probierte wurde ich jedoch ebenfalls
enttäuscht. Möglicherweise hätte es geklappt, wenn ich zwei Stunden gesessen
und auf das Laden der Seite gewartet hätte, aber diese Zeit (und auch Geduld)
habe ich hier einfach nicht.
Nachdem ich meinen Blogeintrag im Januar
hochgeladen habe, bin ich zum Zwischenseminar in Kribi gefahren. Hierzu flogt
natürlich ein extra- Eintrag. Als ich schließlich aus Kribi zurückgekehrt war,
blieben mir ein paar Tage, um meine Arbeit im Krankenhaus zu besiegeln und den
Schlüssel zu meinem Appartement abzuholen, danach ist eine Delegation aus dem
Bistum Limburg angereist und es wurden 100 Jahre katholischer Glauben im Bistum
Kumbo gefeiert.
Vergangene Woche sind drei der vierköpfigen
Delegation wieder nach Deutschland gereist. Vanessa, eine ehemalige Freiwillige
ist jedoch noch bis Freitag geblieben. Mit ihr habe ich die Gemeinde Tabenken
besucht und bin anschließend nach Nkambe weitergefahren, um meine Schüler zu
besuchen und ihre Firmung zu feiern. Da der Bischof mich glücklicherweise am
nächsten Tag mit nach Kumbo genommen hat, bin ich um die Fahrt mich dem Public
Transport herumgekommen.
Das letzte große Ereignis im Januar war, dass
ich endlich in mein Appartement in Shisong umgezogen bin und angefangen habe,
auf der Kinderstation des Krankenhauses zu arbeiten.
Nach einigen Login/ Problemen in meinen Blog-
Account kann ich nun endlich zumindest einen Eintrag und Bilder hochladen.
Ab jetzt versuche ich mich wirklich wieder
oefter zu melden!
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