Montag, 22. Oktober 2012

Endlich ein paar Bilder

Da Nkambe "in den Bergen" liegt, ist bei klarem Wetter die Sicht atemberaubend (:


St. Rita's College (die meisten Schulen hier werden als College bezeichnet)


Auf dem Weg von Sabongari nach Nkambe


SOLDIS Unterricht in der Primary School

Eine Raupe, die ich auf einem Spaziergang entdeckt habe. Sieht etwas aus wie "Alice im Wunderland ;)"

Das bin ich in meinem neuen Lieblingskleid (:

Sonntag, 21. Oktober 2012

Ein Wochenrückblick, oder: Madame Mel kann auch anders




Diese Woche ist Test-Week.
Also muss ich für meine drei Klassen einen Test entwerfen.. Das fällt mir aber nicht schwer, denn eine Stunde hat nur 40 Minuten und hier gibt es keine Arbeiten, die ausgeteilt und bearbeitet werden, sondern die Schüler müssen die Aufgaben von der Tafel abschreiben.
Gleich nach der morgendlichen Messe ist die Form One an der Reihe. Als ich den Klassenraum betrete ist das Geschrei schon groß: „Madame, Madame, ich werde kläglich versagen, Deutsch ist sooooo schwer !“ Ich versuche zu beschwichtigen, indem ich meinen Kids erkläre, dass der Test ganz einfach sein wird und sie sich keine Sorgen machen sollen.
Und dann geht es auch schon los: Ich schreibe die Aufgaben an die Tafel und zu meiner Überraschung ist meine sonst so lebhafte Klasse vollkommen still und schreibt gebannt von der Tafel ab. Nur Leslie, der Klassenclown mit dem charmanten Lächeln schreibt nicht. „Leslie, what’s the matter?“ Leslie, was ist los, frage ich ihn.
„Ach Madame Mel, dein Kleid ist heute so schön.“, antwortet er mir grinsend..
Dieser Junge treibt mich manchmal in den Wahnsinn,.. Aber ich kann ihm einfach nicht böse sein. Also frage ich ihn, was wirklich los ist.. Es stellt sich heraus, dass er seinen Stift vergessen hat. Glücklicherweise bin ich darauf vorbereitet und habe eine ganze Schachtel Kugelschreiber mitgebracht. Jetzt, nachdem auch der Klassencharmeur versorgt ist, kann ich beruhigt durch die Reihen gehen und aufpassen, dass niemand einen Spickzettel mitgebracht hat. Die meisten meistern die Aufgaben (sich selbst vorstellen, die Wochentage und die Farben) sehr gut und schon ist die Zeit auch schon herum. Ich muss die Arbeiten sehr schnell einsammeln und dann auch schon zu meinen Form Three’ern rennen, damit sie auch volle vierzig Minuten haben.

Da wir schon Konjugationen durchgenommen haben, muss ich mehr an die Tafel schreiben. Dies stellt sich schnell als Problem heraus, denn sobald ich meinen Rücken der Klasse zukehre, wird natürlich geflüstert und verglichen. Egal wie oft ich sie  ermahne, das Geflüster bleibt. Als ich endlich fertig bin und mich umdrehe, erwische ich prompt einen Schüler beim spicken. Langsam aber stetig sinkt meine Stimmung und ich frage mich, ob die Schüler mich für blöd halten und denken, ich würde ihnen das durchgehen lassen. Tue ich natürlich nicht. Für Emmanuel heißt es: Zero over Twenty. Null Punkte. Er versucht sich zu winden und herauszureden, aber ich bleibe hart. Madame Mel kann auch anders. Ich bin nicht immer die nette und verständnisvolle Deutsche. Auch wenn die anderen Schüler leicht geschockt sind habe ich so wenigstens ein Zeichen gesetzt. Der Rest der Stunde verläuft mucksmäuschen still. Ich sammele am Ende ihre Tests ein, schenke aber niemandem ein Lächeln, auch wenn es mir sehr schwerfällt. Wie soll das nur in meiner Rabaukenklasse, der Form Two, werden, wenn es hier schon so schwierig war.

Die Situation, dass man die Aufgaben an die Tafel schreiben muss und die Tatsache, dass ich viel an die Tafel schreiben muss, da es sich bei den abzufragenden Dingen hauptsächlich um Vokabeln und Sätze oder Konjugationen handelt, ist mehr als unglücklich. Jetzt weiß ich, warum meine Lehrerkollegen immer so über die Test- Week geschimpft haben.

Mit gemischten Gefühlen betrete ich den Klassenraum der Form Two. In dieser Klasse sind mit Abstand am meisten Schüler und am wenigsten Tische, was bedeutet, dass ich sie nicht einmal entfernt voneinander setzen kann. Es sitzen also an vielen Tischen nicht zwei, sondern drei oder sogar vier Kinder. Und es ist die wildeste meiner Klassen noch dazu.
Um die chaotischsten vierzig Minuten seit langem etwas abzukürzen: Es gibt keine andere Möglichkeit, als in dieser Klasse den Test zu wiederholen, weil viel zu viele Schüler abgeschrieben haben, auch wenn die Hälfte falsch war. Abschreiben geht wirklich nicht. Und das müssen meine Kiddis ein für alle Mal verstehen.

Der Test wird am Mittwoch wiederholt. Davor habe ich zum Glück genug Zeit, die Tests der restlichen Klassen zu kontrollieren. Mit meinen Form One’s  bin ich unglaublich zufrieden und stolz: Fast alle haben bestanden, obwohl die Rechtschreibung so schwer für sie ist und sie mündlich noch viel besser sind. Als ich vorschlage, noch einen mündlichen Test zu machen, sind alle begeistert. Begeisterung über einen Test. Das habe ich auch noch nie erlebt. In der 9. Klasse (Form 3) sieht es nicht ganz so rosig aus, es hat weniger als die Hälfte bestanden, aber ich habe den Test auch nicht gerade einfach gestaltet. Bei der Korrektur an der Tafel fällt mir aber auf, dass die Schüler eigentlich alles wissen, jedoch nicht ganz sicher sind, wie sie es aufschreiben, also buchstabieren, sollen.

 Hier sind wir wieder bei meinem Anfangsproblem: Die Schüler malen die Buchstaben mehr von der Tafel ab, als dass sie sich Gedanken über die Wörter machen. Einmal schreiben sie ‚Ich heiße…‘ und das nächste Mal schreiben sie ‚Ish hiese…‘. Und ihnen ist nicht klar, dass es sich um ein und denselben Satz handelt. Das Problem muss von der Wurzel an behandelt werden, aber wie soll man etwas ändern, was in allen anderen Fächern und Unterrichtsstunden genau so weiter praktiziert wird? Der Lehrer schreibt an, spricht vor, die Schüler wiederholen und schreiben ab. Ohne wirklich darüber nachzudenken, was sie überhaupt sagen oder schreiben. Eigenleistung (was wir in der Schule als Transferleistungen kennengelernt haben) findet hier nicht statt. Repetitio est mater studiorum. Nicht, dass Wiederholung nicht wichtig ist, aber wenn die Schüler einfach gedankenlos und gebetsmühlenartig nachsprechen, was ihnen vorgegeben wird, bleibt auch nichts hängen. Und sie können nicht einmal etwas dafür, denn sie kennen es ja nicht anders.

Auch hier wird mein Angebot, einen zusätzlichen mündlichen Test zu machen, dankbar angenommen. Zum Ende suche ich mir noch fünf Schüler aus, die mit mir gemeinsam den Test in der Form Two beaufsichtigen. Auch der Dicipline Master (und Französischlehrer) möchte mich unterstützen, aber ich mache ihm freundlich aber bestimmt klar, dass ich genug Leute für die „supervision“ gefunden habe. Ich hatte vergangene Woche schoneinmal das Gespräch zu ihm gesucht, da er die Schüler mit einem Rohrstock schlägt und ich das nicht sehen möchte. Ich weiß, dass es an den Schulen Gang und Gebe ist mit dem Rohrstock zu bestrafen, aber auch Fr. Johannes (der die Schule leitet und gleichzeitig ja mein „Gastpapa“ ist) ist gegen Schlagen, da er aber auch erst im Sommer als Direktor ans St. Rita’s gekommen ist, haben die Lehrer noch keinen so rechten Respekt vor ihm und erkennen die „westlichen“ Unterrichtsmethoden nicht wirklich an.

Dieser Test verläuft wesentlich besser und disziplinierter. Vielleicht liegt dies daran, dass ich verlangt habe, dass die Tische komplett leer sein müssen, ich eigene Stifte und eigenes Papier mitgebracht habe, vielleicht aber auch daran dass meine fünf Supervisors ihre Rolle sehr ernst nehmen und wirklich kein Erbarmen haben. Auf jeden Fall war es totenstill im Raum und keiner hat sich getraut auch nur einen Blick auf das Blatt des Nachbarn zu werfen.

Als der Test vorbei ist und ich wieder auf dem Weg zum Haus bin, weil es Mittagessen gibt, kommt  Sandra aus der Form Three hinter mir her gerannt und drückt mir ihr Heft in die Hand. Sie habe versucht ein paar Sätze aus den Vokabeln zu bilden und ich soll sie doch bitte kontrollieren, sagt sie mir schüchtern.
Jetzt bin ich wahnsinnig stolz und mein Tag ist gerettet, denn ich kann meine Tests sogar draußen in der Sonne korrigieren. 

Dienstag, 16. Oktober 2012

Madame Mel ist wieder da, oder: Internetproblem ungelöst



Als ich den Klassenraum betrete wird mir erst richtig bewusst, wie sehr ich meine lieben Kleinen, die doch eigentlich gar nicht so klein sind, vermisst habe. Umso mehr freue ich mich, als alle freudig durcheinander schreien, dass sie mich ebenfalls schrecklich vermisst haben, auch wenn ich vorwurfsvoll gefragt werde, wo ich denn bitteschön am Montag war. Als ich ihnen meine missliche Lage erklärt habe wird dem lediglich ein Madame Mel, wenn du uns wirklich lieb hättest, dann wärst du von Kumbo bis hier nach Nkambe gelaufen entgegengebracht.

Zum Glück glauben und vergeben sie mir, als ich ihnen versichere, dass ich sie sehr vermisst habe und, dass ich sie natürlich trotzdem sehr lieb habe. Als wir schließlich anfangen bekomme ich eine Notiz gebracht, dass ich diese Woche oder spätestens nächste Woche Montag  noch mit all meinen Klassen einen Test schreiben soll, da Testweek sei. Also verbringen wir die verbleibende Zeit damit zu wiederholen, was wir bis jetzt alles gelernt haben und ich bin unheimlich stolz, als mir bewusst wird, wie viel sich die Kinder gemerkt haben. Obwohl schon wieder die Glocke (ein Radinnenleben eines Autos) geschlagen wird, bestehen meine Kiddis darauf, dass ich ihnen wenigstens noch ein deutsches Lied als Entschädigung für die gestrige versäumte Stunde vorspiele. Glücklicherweise habe ich angefangen, meinen IPod immer mit in den Unterricht zu nehmen, sodass ich nicht extra herunter zum Haus laufen muss, um ihn zu holen.
Meine nächste Unterrichtsstunde habe ich mit den Form ONE Schülern, also meinen Jüngsten. Hier ist die Freude über meine Rückkehr besonders groß, denn es hatte sich Angst breitgemacht, ich wäre zurück nach Deutschland geflogen. Ich bin fast zu Tränen gerührt und muss schwören, dass ich niemals einfach im Kumbo oder anderswo bleiben darf, geschweige denn zurück nach Deutschland fliegen darf, ohne mich von ihnen zu verabschieden. Natürlich schwöre ich, damit jedoch nicht genug, ich werde fast dazu „genötigt“ die Nationalhymne zu singen, damit mein Wort  auch wirklich besiegelt  ist. Als ich ihnen die Hymne das erste Mal letzte Woche vorgesungen habe, war ich noch etwas schüchtern, als ich sie jedoch noch weitere vier Mal singen musste, weil alle meine Stimme so toll fanden, verflog meine Scheu relativ schnell. Also singe ich. Und überraschenderweise stimmt fast die ganze Klasse mit ein, obwohl ich die Hymne nicht an die Tafel geschrieben habe.
Danach machen wir aber schnell mit dem Unterricht weiter, denn auch hier muss ich eine Wiederholung der vergangenen Stunden machen. Am Ende der Stunde sammele ich zusätzlich noch die Arbeitshefte ein, damit ich sichergehen kann, dass meine Schüler auch keine falsch geschriebenen Wörter auswendig lernen.
Nachdem auch meine letzte Stunde vorbei ist, schaue ich noch kurz im Lehrerzimmer vorbei, denn ich hatte heute noch überhaupt keine Chance den Kopf durch die Tür zu stecken. Auch hier freuen sich alle darüber, dass ich wieder da bin.
Als ich zurück zum Haus komme, wird meine Stimmung jedoch etwas getrübt. Der Internetstick installiert sich zwar innerhalb von zehn Minuten, jedoch stellt er partout keine Verbindung mit dem Internet her. Ich bin genervt. Nun habe ich fast 65 Euro für einen neuen Internetstick  ausgegeben und es funktioniert trotzdem nichts. Am gleichen Abend beschließe ich noch, das nächste Wochenende wieder nach Kumbo zu fahren. Und dieses Mal werde ich meinen Laptop nicht vergessen, das schwöre ich mir.

Freitag, 12. Oktober 2012

Ein Wochenende Kumbo, oder: glücklich trotz wenig Glück


Mein Wecker klingelt. Es ist halb vier morgens. Zum Glück war ich so schlau meinen Wecker eine halbe Stunde vorher zu stellen, so kann ich noch ein bisschen wach werden. Ich habe mich kurzfristig entschlossen für das Wochenende nach Kumbo zu fahren. Neben der Tatsache, dass ich meine Freunde mal wieder zu Gesicht bekommen möchte, will ich unbedingt einen neuen Internetstick kaufen.. Die Internetverbindung ist in Nordwest- Kamerun ohnehin nicht so rosig, um genau zu sein mehr schlecht als recht, wie schon beschrieben, aber, so, wie es gerade ist, kann es einfach nicht bleiben. Auch wenn ich nicht abhängig vom Internet bin möchte ich trotzdem uneingeschränkten Zugang haben, um meine Blogeinträge hochzuladen, oder meine Emails zu checken. Ich weiß schon gar nicht mehr, wann ich das zuletzt getan habe, denn die Seite wird auf Grund der hohen Byteanzahl nicht geladen. Sehr ärgerlich, wenn man problemlosen Internetzugang gewöhnt ist.
Um vier stehe ich also widerwillig auf und  mache mich auf den Weg zum Pfarrhaus, wo Eucharia, Emmanuel und Stanley warten. Zum Glück können die drei mich mitnehmen, sodass ich nicht mit public transport reisen muss. Prinzipiell liebe ich es mit den öffentlichen Autos zu fahren, denn sie nehmen mindestens sechs Leute mit, sodass man zu viert auf der Rückbank sitzt und dadurch nicht die ganze Zeit durch das Auto hüpft, aber die Straßen sind momentan so furchtbar matschig und schlecht, dass man ständig stecken bleibt, aus dem Auto aussteigen muss und schieben muss.
Die erste Stunde im Auto verläuft reibungslos, als wir jedoch  die erste kritische Stelle auf unserer Reise meistern wollen, werden wir von einer Art „Stau“ aufgehalten. Natürlich kein Stau wie in Deutschland, aber vor uns versuchen gleich drei andere Autos den matschigen und rutschigen Berg zu überqueren. Leider mit sehr wenig Erfolg. Also warten wir 45 Minuten, bevor wir die Fahrt fortsetzen können. Auch wir haben unsere Probleme, aber aussteigen müssen wir vorerst glücklicherweise nicht. An der zweiten (von insgesamt drei) Katastrophenstelle kommen wir jedoch leider nicht darum herum. Auch wenn Mr Emmanuel es vier Mal versucht, wir rutschen immer wieder in die schon vorhandenen, ca. 70 cm tiefen, Reifenspuren hinein. Das Manöver (die Schreibweise tut mir in den Augen weh, aber die neue deutsche Rechtschreibung sieht es so vor) kostet uns fast eineinhalb Stunden. Als wir nach insgesamt vier Stunden schon leicht entnervt kurz vor Kumbo sind folgt der nächste Schock. Die Bremsen funktionieren nicht mehr. Glücklicherweise befinden wir uns noch nicht auf dem Stück des Weges, auf dem es wirklich steil bergab geht, sodass wir die Handbremse ziehen können. Nun müssen wir jedoch auf einen Mechaniker warten, der aus Kumbo zu uns hochgebracht werden muss.
Schlussendlich erreichen wir Kumbo um halb eins. Ich bin völlig erschöpft, fahre aber mit meinem gesamten Gepäck noch nach Tobin, um meinen Internetstick zu kaufen. Auf dem Weg dorthin fällt mir ein, dass ich mein Laptop vergessen habe. Heute ist einfach nicht mein Tag. Vor allem, als mir noch dazu klar wird, dass ich nur Euro mit mir trage und kaum Francs. Glücklicherweise ist die Dame im Camtel- Office (der Internetanbieter) so freundlich und verständnisvoll, dass ich sie in Euro bezahlen kann. Auf dem Rückweg fängt es an zu tröpfeln, glücklicherweise regnet es aber nicht, bis ich zu Hause bin.
Abends habe ich mich wieder etwas gefangen, also entscheide ich mich dazu, mit meinen Freunden gemeinsam etwas essen und trinken zu gehen. Als wir nach Hause kommen schüttet es schon in Strömen. Glücklicherweise haben wir kein Bike, sondern ein Taxi genommen.
Als ich am nächsten Morgen aufwache, regnet es immer noch. Also bleibe ich erst einmal im Haus und dusche. Als es um zwei Uhr aber immer noch regnet, kann ich einfach nicht anders. Ich packe mich in meine Regenjacke ein, ziehe meine Turnschuhe an, nehme meinen Regenschirm und laufe nach Junction. Petrus scheint Erbarmen mit mir zu haben, denn kurze Zeit später hört es auf zu regnen. Ich kaufe gerade ein bisschen Brot und Obst fürs Mittagessen, als  mich die zwei anderen deutschen Freiwilligen zum Abendessen einladen.
Also mache ich mich gegen sechs Uhr auf den Weg nach Squares, denn sie wohnen dort in der Nähe. Wir verbringen einen entspannten Abend mit noch ein paar anderen ihrer Freunde und trinken Palmwein, quatschen und lachen viel. Zum Glück kann ich die Nacht bei ihnen schlafen, denn ich möchte am nächsten Morgen zum Gottesdienst in der Kathedrale und ich wäre nur sehr ungern in meinem langen Kleid um viertel vor sechs (es wäre also noch dunkel) den Weg nach Squares zur Kathedrale gelaufen. Nach dem nur dreistündigen Gottesdienst (ich hatte mit mehr gerechnet, da die Kathedrale wirklich groß ist und die Kollekte dadurch immer sehr lange dauert) frühstücke ich etwas Kleines in Squares. Zum Glück habe ich mein Handy wieder auf Allgemein gestellt, sodass ich rechtzeitig rangehen kann, als mich Mr Emmanuel anruft. Wir hatten uns verabredet um eins wieder gemeinsam nach Nkambe zu fahren. Nun teilt er mich bedauernd mit, dass er leider nicht fahren kann, da er noch ein paar Dinge in Kumbo erledigen muss. Für mich bedeutet das: Public Transport. Und dass nach der Höllenfahrt am Freitag. Meine Laune sinkt unter Null.
Ich hole also meine Tasche in SAC ab und mache mich auf den Weg zum Carpark. Ich komme gerade an, als es anfängt zu tropfen. Da meine Laune ohnehin schon den Tiefpunkt erreicht hat, macht mir das aber schon gar nichts mehr aus. Was mir jedoch etwas ausmacht ist, dass mir die Autofahrer geschlossen mitteilen, dass sie mich nicht nach Nkambe fahren können, weil die Straßen so aufgeweicht und matschig sind, dass es ihnen einfach zu gefährlich ist. Das bedeutet, dass ich meinen Unterricht für Montag absagen muss. Zum Glück begleitet mich Stanley den Weg zurück nach SAC und wir kochen am Abend gemeinsam, sodass ich den Rest des Tages nicht ganz alleine verbringen muss.
Neuer Tag neues Glück. Das ist mein erster Gedanke, als ich am Montagmorgen zum Bischofshügel aufbreche. Das Glück scheint aber auch heute nicht gerade auf meiner Seite zu sein, denn auch heute kann mich Mr Emmanuel nicht mit nach Nkambe nehmen. Jedoch scheint die Sonne, sodass ich ohne Probleme ein Auto finde, dass mich mit nach Nkambe nimmt. Die Fahrt verläuft überraschend reibungslos und wir müssen nur an einer Stelle aussteigen und laufen, sodass ich zwei Stunden später (ein neuer Geschwindigkeitsrekord, wobei der Fahrer auch wirklich wie ein Rennfahrer gefahren ist) wieder am Eingang meines geliebten St. Rita’s stehe. Dort werde ich schon freudig von Elias in die Arme geschlossen und auch Father Jo, der kurze Zeit später zu uns stößt, freut sich unheimlich dass „Princess Milly“ wieder daheim ist, denn das Haus wäre so schrecklich still und ohne Leben gewesen.

Überraschungsbesuch, oder: SOLDIS

 Als ich den Klassenraum verlasse, traue ich meinen Augen kaum. Am Fuße der Treppe wartet Eucharia, meine Mentorin aus Kumbo, auf mich. Halb hüpfend, halb rennend, komme ich zu ihr herunter und wir fallen einander in die Arme. Ich hatte wirklich mit allem gerechnet heute, aber nicht damit, sie zu sehen. Sie erklärt mir, dass sie mit ein paar Social Welfare Department- Mitgliedern die Primary Schools im Umkreis von Nkambe besucht, um den Kindern dort eine neue Möglichkeit der Desinfektion von Wasser beizubringen.
Ich entscheide spontan, sie zu begleiten. Als wir die CS Primary School Nkambe erreichen, werden wir schon sehnlichst erwartet. Die Aufregung ist natürlich groß, als ich aus dem Auto steige, denn mit einem weißen Mädchen in der Gruppe hat niemand gerechnet. Am liebsten würden alle Kinder meine Hand schütteln aber dafür ist natürlich nicht genug Zeit. Wir versammeln uns im größten Klassenraum der frisch- renovierten Schule, und die Kinder von der ersten bis zur fünften Klasse quetschen sich auf die zur Verfügung stehenden Bänke.
Als erstes geht es darum, welche Kriterien sauberes Wasser erfüllen muss. Die Kinder sind mit unglaublich viel Engagement dabei und tragen alle Kriterien alleine zusammen, sodass wir nicht einmal ergänzen müssen. Danach geht es darum, was für Krankheiten man durch verunreinigtes Wasser bekommen kann und wie die Krankheiten unter anderem übertragen werden können. Hier ist es Alltag, dass man Männer am Straßenrand sieht, die sich erleichtern, was ich am Anfang sehr eigentümlich fand, woran ich mich aber mittlerweile gewöhnt habe. Auch für die Kinder ist es vollkommen normal, dass auch sie es den Erwachsenen gleichtun. Als sie jedoch hören, was für einen Einfluss „das alles“ auf das Wasser oder ihr Essen nimmt ist das Geschrei groß. „Ist euch nicht klar, dass „das alles“ in der Trockenzeit trocknet, sich mit dem Staub vermischt und der Staub dann überall hinfliegt?“, fragt Eucharia die Kinder, „oder, dass der Regen alles in die Flüsse und auf die Felder spült?“. Nein, das war ihnen ganz und gar nicht klar. Nach der Theorieeinheit gehen wir nach draußen, um das richtige Händewaschen zu üben. Denn, die Hände einfach im Eimer zu waschen bringt nicht viel, auch wenn man Seife benutzt, denn man macht den Dreck nur flüssig, er bleibt aber im Wasser und man nimmt ihn wieder mit aus den Eimer heraus. Deswegen ist es wichtig dass das Wasser fließt.
Nach dem Händewaschen wird es spannend. Wie soll man ohne Chlor und ohne Filter das Wasser keimfrei kriegen? Die Antwort ist: SOLDIS.  Desinfektion durch Sonnen-/UV-Strahlen.

Wie soll das denn bitte funktionieren?!, fragen sich die Kinder. Ganz einfach: Man nimmt eine Plastikflasche (diese muss natürlich transparent sein) und füllt sie mit sauberem Wasser. Dann legt man die Flasche für mindestens sechs Stunden in die pralle Sonne. Danach ist das Wasser (erwiesen) keimfrei.

Diese Methode wird in vielen Ländern in Afrika verwendet und ist ideal in der Trockenzeit, weil sie leicht nachahmbar und billig ist, da man keine teuren Hilfsmittel brauchen kann. Als ich auf die Uhr gucke kann ich kaum glauben, dass schon wieder sechs Stunden vergangen sind. Eben stand ich noch bei meinen Form TWO Schülern und wir haben wie versprochen die deutsche Nationalhymne geübt und nun ist der Tag schon fast wieder vorbei. Als mit Mr Emmanuel und Eucharia nach Hause zu Hause absetzen, merke ich aber schon, dass ich etwas müde bin, also setze ich mich ein bisschen aufs Sofa und warte auf das Abendessen. Nach dem Abendessen gucke ich mit Father Jo noch eine nigerianische Seifenoper und mache mich dann ab in mein warmes Bett. Es hat zwar den ganzen Tag nicht geregnet, aber im Haus ist es trotzdem kühl.