Nachdem in den letzten Wochen im
Krankenhaus der Alltag regierte und es nicht viel zu erzählen gab,
mache ich mich auf den Weg nach Yaoundé, um meine Freundin vom
Flughafen abzuholen. Dadurch, dass die Schüler der weiterführenden
Schulen in eineinhalb Wochen Ferien haben, habe ich eine Woche in
Nkambe verbracht, um die letzte Schulwoche mit meinen Schülern zu
verbringen. Der Gedanke, mich von meinen Kleinen verabschieden zu
müssen, schmerzt jetzt schon. Der Regen zeiht nun unaufhaltsam übers
Land und so verbringe ich sehr viel Zeit mit den Schülern auf dem
Wohnzimmerteppich von Fr. Johannes. Seit ich ihnen beigebracht habe
Freundschaftsbändchen zu knüpfen, verbringen sie jede freie Sekunde
damit.
Und dann ist der Tag vor der Ankunft
meiner Freundin endlich da. Auf dem Weg von Kumbo nach Bamenda haben
wir zwei Mal eine Reifenpanne. Gegen acht Uhr erreiche ich endlich
Bamenda und kaufe mir ein Ticket für den Nachtbus, planmäßige
Abfahrt ist um 21 Uhr.
22:47 Uhr - Der Bus setzt sich endlich
in Bewegung. Ich bin müde, weswegen ich recht schnell einschlafe.
Auf geteerten Straßen ist das kein Problem, im Gegensatz zu den
mittlerweile matschigen Buckelpisten. Als ich das nächste Mal
aufwache, trifft mich fast der Schlag – Neben mir sitzt ein B.I.R.
-Soldat (die Intensiveforce des Präsidenten). Gekleidet ganz in
schwarz und auf einem Maschinengewehr lehnend. Über seine Schulter
ist ein Munitionsgürtel gelegt. Neben dem Fahrer erspähe ich einen
zweiten Soldaten. Nach dem ersten Schock bin ich aber beruhigt und
froh, dass sie hier sind.
Nachdem Ende Januar im Extremnorden
eine französische Familie von Nigerianern entführt wurde, ist es
auch zu mehrfachen Überfällen auf Reisebusse gekommen. Eine
amerikanische Freiwillige war in einem dieser Busse. Die Terroristen
haben die Businsassen an der Außenseite des Busses aufgereiht. Als
eine Frau versuchte zu verhandeln, wurde ihr in den Kopf geschossen.
Gegen sechs Uhr früh erreiche ich
Yaoundé. Die Zeit bis zur Ankunft meiner Freundin zieht sich wie
Kaugummi, aber als sie dann endlich ankommt, ist die Freude natürlich
groß. Wir fahren noch in der gleichen Nacht nach Kumbo, um am
Folgetag nach Nkambe gebracht zu werden.
Als wir in einen kleinen 15 Personenbus
(in den in Deutschland maximal neun Leute gesetzt werden würden)
sitzt in der Reihe vor uns eine Mutter mit ihrer ca. vier jährigen
Tochter. Das Mädchen atmet sehr röchelnd und mit langen Pausen
zwischen den Atemzügen. Der Bauch ist so prall geschwollen, dass er
glänzt. Mir wird klar, dass die Mutter das Kind nach Kumbo ins
Krankenhaus bringen möchte, aber leider ist mir im selben Moment
genauso klar, dass sie es nicht schaffen wird. Ich habe leider schon
sehr viele solcher Fälle auf der Arbeit gesehen. Das Mädchen ist im
Gesicht und an den Armen übersät mit den typischen „native drugs“
Narben, die in die Haut geritzt werden um die Tinkturen aufzutragen.
Daraus kann man oft schließen, dass die Personen/Kinder auf
traditionelle Medikamente schlucken, denn es ist meist eine
Kombinationstherapie. Wie ich in einem anderen Blogeintrag schon
erzählt hatte, sind die Medikamente der traditionellen Heiler sehr
leberschädigend und häuft falsch dosiert, für Kinder meist viel zu
hoch.
Bevor wir es merken fängt plötzlich
die Sitznachbarin der Mutter an zu weinen und die Mutter schüttelt
das Kind. Es hat aufgehört zu atmen. Auch wenn ich es fast
befürchtet habe, sind meine Freundin und ich verstört. Wobei es
fast verstörender ist, wie die anderen Businsassen und die Mutter
regieren, als der Fakt, dass gerade ein Kind gestorben ist. Die
Mutter sagt nur immer wieder, in einer erschreckend gleichgültigen
Stimme „Oh man, oh man“ und die anderen Mitfahrer sind fast
desinteressiert und gleichgültig. Die einzige Person, die so perplex
ist wie wir und sogar weint, ist die Sitznachbarin der Frau. Diese
ist mittlerweile mit ihrer leblosen Tochter aus dem Bus ausgestiegen
und ordert ihr Gepäck vom Dach des Busses. Die umherstehenden
Menschen registrieren gar nicht, dass das Kind auf ihrem Arm nicht
lebt, ich schätze sie vermuten, es schläft einfach.
Ich bin froh, als sich der Bus endlich
in Bewegung setzt und wir die verstörende Situation hinter uns
lassen. Auf der restlichen Fahrt sind meine Freundin und ich
absorbiert von der traumhaften Aussicht und ich werde ein weiteres
Mal von der Schönheit des Landes in den Bann gezogen.
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